Energie in der ersten Hälfte des 21.Jahrhunderts

Kernspaltung

Bleiben die Industriestaaten Wohlstandsinseln im Ozean der Billiglohnländer, kann man in ihnen die Steigerungen des Wohlbefindens auch ohne Zuwachs an Energieverbrauch erreichen. Der gegenwärtige Energiemix könnte in Grenzen unter Berücksichtigung der Mentalität der Bewohner einzelner Regionen variiert werden. 

Auf verschiedenen Wegen wird sich jedoch der Pro-Kopf-Verbrauch an Energie in den Niedriglohnländern an den der entwickelten Industriestaaten annähern. Regenerative Energiequellen können dabei einen wichtigen Beitrag leisten. Die Vorräte an fossilen Brennstoffen würden für mehrere Jahrzehnte reichen, aber das Risiko einer Verteuerung können sich diese Länder nicht leisten und das Risiko einer negativen Klimaveränderung wollen auch die Industriestaaten nicht eingehen. Deshalb erfolgt weltweit noch  ein breiter Einsatz der Kernspaltungsenergie, insbesondere  für die Annäherung der weniger entwickelten and die höher entwickelten Länder. Forschung und Entwicklung der Kernkraftwerke in den entwickelten Industriestaaten haben wirtschaftliche und sichere Kraftwerke auf der Grundlage der Kernspaltung mit Uran als Energieträger hervorgebracht. Inzwischen wurden auch viele Erfahrungen beim Betrieb und dem Rückbau gesammelt. Die AKW können helfen, die Lücke im Wohlstand und im Pro-Kopf-Verbrauch an Energie zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern zu schließen. Deutsche Wissenschaftler haben einen großen Beitrag zur Schaffung der wissenschaftlichen Grundlagen und zur Weiterentwicklung sicherer Kernenergiesysteme geleistet. Ein Verzicht auf den Einsatz, die Weiterentwicklung und den Export von Kernkraftwerken würde den generellen Prozess nicht aufhalten, sondern nur den Beitrag der Deutschen an der Entwicklung der Welt reduzieren auch indem sie schwächere Gemeinschaften weniger unterstützen kann. 

Betriebsdauer von Kernkraftwerken

Kernkraftwerke haben einen hohen fixen Kostenanteil in Form von Investitionen beim Auf- und Rückbau der Anlagen. Dagegen ist der Anteil der Betriebskosten an den Stromkosten im Vergleich zu mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerken gering. Deshalb ist eine möglichst lange Laufzeit der KKW kostengünstig. Eine Richtung der Sicherheitsforschung widmet sich deshalb dem Problem der langen Laufzeiten. Eine verfrühte Abschaltungen führt zur Erhöhung der Stromgestehungskosten.  Welche Kosten für den Verbraucher anfallen, hängt davon ab, welche Gewinne die einzelnen Stromerzeugungszweige abschöpfen und in welchem Maße die Gesellschaft einzelne Stromerzeuger subventioniert.

Plutoniumwirtschaft

Das Plutonium befindet sich als nahezu reines spaltbares Pu-239 in den Arsenalen von Atomwaffen und in den abgebrannten Brennelementen in einer nichtwaffenfähigen Isotopenzusammensetzung. Plutonium ist ein Alphastrahler mit einer Halbwertszeit, die so lang ist, dass man sein Abklingen nicht abwarten kann und so kurz ist, dass die vorhandenen Mengen eine hohe Radioaktivität darstellen. Eine sichere Beseitigung und gleichzeitige Nutzung zur Stromerzeugung stellt die gemeinsame Verwendung mit Uran in Mischoxidbrennstoffen (MOX-Brennelemente) dar. Da bei defekten MOX-Brennelementen mehr Pu in den 1. Kühlkreislauf gelangt, sollten solche Reaktoren besonderen Anforderungen genügen.  

Wiederaufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe

Die Fähigkeit zur Wiederaufarbeitung sollte  in ausgewählten Industriestaaten, gegenwärtig nur in  Atomwaffenmächten erhalten bleiben. Dabei ist auch eine strenge Aufsicht der IAEA zur Sicherung der Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen erforderlich. Der Umfang der Wiederaufarbeitung wird von Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und des Strahlenschutzes bestimmt. Je länger die Brennelemente zwischengelagert werden, um so größer sind die Lagerkosten, aber um so geringer sind die Kosten für den Strahlenschutz in den Wiederaufbereitungsanlagen. Weltweit sind die z.T. verglasten Rückstände der Wiederaufarbeitung nicht in ein Endlager verbracht worden, da befürchtet wird, dass selbst bei der Tiefenlagerung über lange Zeiträume aus ihnen langlebige Alphastrahler wie Np-237 und Am-241 freigesetzt und die Biosphäre gelangen könnten. Inzwischen sind Verfahren entwickelt worden, auch diese Nuklide noch von den derzeitigen Prozessrückständen abzutrennen. Sie könnten anschließend den MOX-BE mit beigemischt werden und so bei deren Betrieb in kurzlebigere Nuklide umgewandelt werden. Schnelle Brutreaktoren, die auf die Wiederaufarbeitung angewiesen sind, werden derzeit im wesentlichen als Großversuche von Kernwaffenstaaten betrieben. Ob sie jemals die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der thermischen Reaktoren und anderen Energieerzeugungsanlagen erreichen, ist immer noch unbestimmt.

Abfalllagerung

Der gegenwärtige Stand der Technik erlaubt in den meisten Ländern eine sichere Endlagerung der schwach- und mittelstark radioaktiven Abfälle. Neben der Betrachtung der Risiken durch Freisetzung von Radioaktivität im verdient auch der Gesichtspunkt der Wiederverwendung als Sekundärrohstoff nach dem weitgehenden Abklingen der Radioaktivität Aufmerksamkeit. Für abgebrannte Kernbrennstoffe ist gegenwärtig eine Langzeitzwischenlagerung bis zur Entscheidung über eine endgültige Verbringung oder Wiederaufarbeitung sinnvoll. Nach Abtrennung der langlebigen Aktiniden aus den Abfällen der Wiederaufarbeitung ist eine Endlagerung der anschließende verglasten Rückstände in einen Salzstock wie in Gorleben akzeptabel. Möglicherweise wird man dafür aber nicht in jedem Land ein solches Endlager betreiben.  Die verglasten Rückstände in denen die langlebigen Aktiniden nicht abgetrennt sind, müssen wenn keine Endlager dafür akzeptiert wird, wie die abgebrannten BE in Langzeitzwischenlager aufbewahrt werden.

Fusionsenergie

Obgleich es sich sowohl bei der Fusionsenergie wie bei der Kernspaltungsenergie um bei Kernumwandlungen frei werdende Energie handelt, sind die Energieerzeugungsanlagen mit Kernspaltung den konventionellen Anlagen der Erzeugung aus fossilen Brennstoffen ähnlicher als den einer Fusion. Die Temperatur bei der Spaltung von Uran und bei der Verbrennung von Kohle liegen im der Dimension 1000° die des Wärmeträgers Wassers um einige Hundert Grad und die Blockgrößen betragen einige hundert Megawatt. Dagegen liegen die Temperaturen bei der Fusion in der Größenordnung von mehreren 10000 Grad. Die Anlagen werden einen völlig anderen Charakter haben. Die Probleme der Realisierung sind weitaus schwieriger. Während es von der Entdeckung der Kernspaltung bis zum erstem Atomkraftwerk nur 20 Jahre dauerte, ist seit der Entdeckung der Fusion schon mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen, und der Weg bis zu einer im Dauerbetrieb Strom erzeugende Versuchsanlage, woraus man dann abschätzen könnte, ob sich so wirtschaftlich Strom erzeugen ließe, noch nicht einmal bis zur Hälfte zurückgelegt. Aus dem Prinzip heraus lassen sich schon wesentlich höhere Anlagekosten und Anforderung an die Sicherheit erwarten. Der Brennstoff ist das gasförmige radioaktive Tritium. Es soll im Brüterbereich eines Fusionsreaktors mit Neutronen aus Lithium erzeugt werden. Der Energievorrat des Lithiums in der Erdoberfläche ist von der gleichen Größenordnung wie der von Uran und Thorium. Das bedeutet, dass von Standpunkt der Energievorräte nur die nicht einmal in Versuchsanlagen betrachtete D-D-Reaktion der Spaltung von Uran oder Thorium überlegen wäre. Ungeachtet der Tatsache, dass vielleicht sogar das 21. Jahrhundert vergeht, bis man Fusionsenergie wirtschaftlich nutzen kann, ist die Forschung auf dem Gebiet von Fusionsreaktoren notwendig. Es dürfen darf aber keine unbegründeten Hoffnungen in der Bevölkerung geweckt oder als Alternative zur Energieerzeugung durch Kernspaltung betrachtet werden.

Wasserkraft- und Pumpspeicherwerke

Trotz aller Diskussionen und bitteren Erfahrungen bei Dammbrüchen ist die Wasserkraft wo das Höhengefälle und die Struktur der Landschaft günstige Bedingungen geschaffen hat, eine gute Energiequelle. Sie gewinnt in dem Maße an Bedeutung, wie der Anteil der Energieerzeugung durch witterungsabhängigen Anlagen steigt. Die Spanne zwischen Erzeugungs- und Verbrauchszeit kann durch Pumpspeicherwerke in gewissen Grenzen überbrückt werden. 

Geothermie

So wie es günstige geographische Bedingungen für die wirtschaftliche Nutzung der Wasserkraft gibt, gibt es auch günstige geologische Bedingungen für die wirtschaftliche Nutzung der Erdwärme. Die Thermalquellen sind dafür bekannte Beispiele. In welchem Umfang, die Erdwärme in tieferen Schichten in weiterem Umfang nutzbar gemacht werden kann, ist z. Zt. Gegenstand der Forschung. Die Nutzung der Erdwärme in oberflächennahen Schichten unter Verwendung von Wärmepumpen wird begünstigt, wenn sich das Kostenverhältnis von elektrischen Strom zu fossilen Brennstoffen verringert, und in entsprechend großen Flächen ein konzentrierter Einsatz der Wärmepumpen, deren Kosten für Herstellung und Installation verringert.

Windenergie

Die Leistung der Windanlagen ist wetterabhängig, so wie es schon seit Jahrhunderten bei den Windmühlen war. Früher standen die Maschinen still, wenn der Wind nicht wehte. Die Müller, Sägereiarbeiter u. s. w. gingen dann einer anderen Beschäftigung nach, bei der sie die mit ihrer oder ihrer Tiere Muskelkraft auskamen. Ein Stillstand von energieintensiven Anlagen bei Flaute wäre auch jetzt möglich, allerdings wären deren Investitionskosten dann weniger gut ausgenutzt und die Arbeiter müssten sich auf verschiedene Arbeitsplätze einrichten oder bei Flaute Freizeit bekommen. Einen geringern Anteil ließe sich durch Pumpspeicherkraftwerke ausgleichen. Wann die Windenergie mit den bisherigen Hauptenergieformen im großen Stile konkurrieren kann, lässt sich nicht vorhersagen. 

Solarenergie

Die Nutzung der Sonnenenergie zur Erwärmung von Gebäuden und Brauchwasser ist erprobt und ist sicher auch schon jetzt wirtschaftlich. Dagegen kann es durchaus passieren, dass man über lange Zeit mit Fotovoltaikanlagen, von Sonderfällen wie Satteliten, Armbanduhren oder extrem entlegenen Wohnstätten und Geräten abgesehen, auch in Zukunft eine negative Kosten- und CO2-Freisetzungsbilanz haben wird. Entsprechende  mit Steuermitteln, Strompreiserhöhungen und Zwangsabgaben finanzierte   Großversuche mit Silizium werden dann einmal eingestellt werden müssen. In diesem Sinne kann man die Fotovoltaik noch nicht zu den regenerativen Energiequellen zählen.

Energieversorgung in der fernen Zukunft

Irgendwann wird der Zeitpunkt ereicht, wo die Gewinnung von fossilen und nuklearen Brennstoffen mehr Energie erfordert als man aus ihnen gewinnen kann. Dieser Zeitpunkt kann sehr fern sein und völlig unerwartete Entdeckungen können diesen Zeitpunkt immer weiter hinausschieben. Aber man kann auch darüber nachdenken, wie die Menschen ausschließlich mit den in der Natur laufend nachgebildeten regenerierbaren Energiequellen auskommen können. Ein Blick in unsere doch nicht allzu ferne Geschichte regt uns zu einigen Gedanken an. Möbel, andere Einrichtungsgegenstände und  Kleidungstücke werden sicher viel länger genutzt und getragen. Die  Produktionsstätten werden dann wieder kleiner, liegen nicht mehr so weit auseinander und werden durch mehr Reparaturbetriebe ergänzt. In der freien Zeit werden wir kaum mehr Kurzzeitreisen über große Entfernungen vornehmen. Das wichtigste Fortbewegungsmittel wird das Fahrrad sein. Über ein solches verfügten die Menschen zu Goethes Zeiten noch nicht. Es werden Zustellungen wieder mehr Zeit kosten und statt "just in time" die Lagerhaltung intensiviert werden. Möglicherweise wird das gedruckte Buch noch mehr an Bedeutung gewinnen. Sozialprestige kann dann nicht mehr durch energieverbrauchende Fortbewegungsmittel erworben werden, sondern durch ein starkes und individuelles Verhältnis zur Leistung von Künstlern,  Kunsthandwerken, Intellektuellen und Bildungseinrichtungen. 

Eine grüne Revolution

Es kann in Ländern eine Situation entstehen, in der sowohl der massenweise Einsatz fossilen Energieträger aus Gründen einer gewünschten CO2 Reduktion in der Atmosphäre und der Einsatz der Kernspaltungsenergie  wegen der damit verbundenen Entstehung der eine aufwendige Langzeitlagerung erforderlichen langlebigen radioaktiver Rückstände trotz vorhandener Rohstoffe von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird. Eine sehr schnelle Beschränkung auf erneuerbare Energien stellt einen revolutionären Prozess dar, der nicht nur die Umstellung von Produktion und Transport erfordert, sondern auch wegen der dafür notwendigen Kosten mit bedeutenden Veränderungen in anderen Lebensbereichen verbunden ist, wobei die Einschränkungen in den heutigen Tätigkeitsfeldern durch erhöhte Aktivitäten in anderen Gebieten kompensiert werden müssen. Die Voraussetzung ist, dass die wirtschaftliche Ausgangslage des Landes gut genug ist und die unvermeidlichen Einschränkungen nicht die finanziell schwachen Schichten belasten, sondern in wesentlichen von den gut versorgten Bürgern getragen werden. Eine solche schnelle auf  Überzeugungen der Mehrheit der Wähler beruhende Umstellung erfordert dabei eine starke Lenkungskraft des Staates. 

Ionisierende Strahlung als Risikofaktor

Da die in der Natur auftretende radioaktive Strahlung an den meisten Orten in ihrer Intensität für die Menschen keine Bedrohung darstellt, hat sich in der Evolution dafür auch kein Sinnesorgan entwickelt, wogegen sich die Schädigung durch die von der Sonne ausgehenden weniger durchdringenden aber dafür intensiveren Ultraviolettstrahlung sehr frühzeitig durch Hautrötungen anzeigt. Die zur Krebsentstehung führenden Schädigungen stammen beim Menschen in den allermeisten Fällen von Ultraviolettstrahlung.

Nach der Entdeckung der Röntgenstrahlung und der Radioaktivität sind Strahlenschäden aus diesen Quellen besonders in der Entwicklungsphase, bei der Erprobung und den Einsatz von Kernwaffen, beim unsachgemäßen Umgang mit stark radioaktiven Quellen und bei Havarien in Kernkraftwerken und bei anderen Verarbeitungsprozessen von Kernbrennstoffen aufgetreten. Nachdem man die von diesen Formen der ionisierenden Strahlung ausgehenden Gefahren erkannt hat, hat man eine Reihe von Schutzvorrichtungen, Messgeräten und Vorschriften entwickelt, um Schädigungen der damit umgehenden Werktätigen und der übrigen Bevölkerung weitgehend auszuschließen. In den Vorschriften wurden für die Richtwerte für die gemessenen Strahlendosen angegeben, deren Überschreitung meldepflichtig sind, trotzdem sie weit unterhalb von Werten liegen, die eine medizinisch nachweisbare schädigende Wirkung zur Folge haben. Sie dienen den Überwachungspersonen des Strahlenschutzes dazu, um Unzulänglichkeiten im Arbeitsablauf oder in den Anlagen vorbeugend nachgehend zu können. In diesem Sinne wurden auch bei der Berechnung abgeleiteter Grenzwerte für die Aktivitäten bedeutende Sicherheitsfaktoren eingeführt. Der Strahlenschutz dient wie andere Bereiche der Hygiene der Abwendungen von Gefahren für die Gesundheit der Menschen. Die Einrichtungen des Strahlenschutzes sind allerdings nicht dem Gesundheitsministerien unterstellt.

Letzte Bearbeitung : 07.04.2011

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